Was gibt es schöneres als ein entspanntes Frühstück mit einer guten Freundin? Für mich ist es immer ein bisschen wie Urlaub, wenn meine Freundin und ich in einem netten Frühstücks-Café sitzen, die Seele baumeln lassen und in aller Ruhe quatschen können. Wirklich, ich liebe diese kleinen Auszeiten, vor allem, seit sie so selten geworden sind. Denn im alltäglichen Familienchaos gibt es nur noch wenig „Zeit für mich“. Dieses Mal hat es uns sage und schreibe 2 Monate gekostet, bis wir endlich einen Termin gefunden haben, der uns beiden passte. Umso mehr haben wir uns auf diesen Mädels-Vormittag gefreut.
Wir spazierten also bester Laune in die schöne Regensburger Altstadt und ergatterten einen Tisch im Weichmanns. Das Café wirkt von außen recht unscheinbar, aber innen – OHO! Mehrere hübsch eingerichtete Räume laden zum Verweilen ein und es gibt sogar einen Wintergarten. Apropos Garten – der Hinterhof des Weichmanns ist ein wahres Kleinod inmitten der Stadt. Bäume, Blumen, ein kleiner Springbrunnen und lauschige Ecken lassen hier den ganzen Trubel vergessen. Gefällt!
Das Frühstückskonzept hat uns ebenfalls überzeugt: Im Gegensatz zu den meisten Cafés könnt ihr hier euer Frühstück selbst zusammenstellen. Einfach auf der Karte alles ankreuzen, worauf ihr Lust habt und Tadaaa – fertig ist ein Frühstück ganz nach eurem Geschmack. Eine tolle Idee, denn mir passiert es zum Beispiel oft genug, dass ich bei bereits fertig zusammengestellten Frühstücksvariationen den ein oder anderen Änderungswunsch habe. Unsere Wahl fiel schließlich auf Brot, Croissant, Butter, Marmelade, Rührei mit Zwiebeln und Tomaten, Joghurt mit frischen Früchten und einen veganen Kokosmilchreis mit Beeren, Kokosraspeln & Chiasamen. Schade, dass es heute keine Pancakes gab, die hätten wir glatt noch dazu genommen. 🙂
Bis das Frühstück serviert wurde, genossen wir die herrliche Ruhe und philosophierten ein bisschen über das Leben. Dabei kam uns ein ganz wunderbarer Gedanke: Könnte man dieses tolle Frühstücks-Konzept nicht auch auf unser Leben übertragen?
Statt der Wahl zwischen dem einem oder dem anderen Gesamtpaket pickt man sich dann einfach überall nur noch die Rosinen raus. Familie ja, aber doch bitte mit genug Zeit für Selbstverwirklichung. Karriere ja, aber doch bitte mit ausreichend Elternzeit und regelmäßigen Sabbaticals. Leben in der Stadt ja, aber doch bitte ohne den ganzen Lärm und die vielen Touristen. Partnerschaft ja, aber doch bitte ohne Kompromisse und Diskussionen über die Aufteilung der Hausarbeit. Weniger Arbeiten ja, aber doch bitte bei gleichem oder noch bessserem Gehalt. Eine schöne Vorstellung, nicht wahr? Tja meine Lieben, das Leben ist aber kein Wunschkonzert und auch keine Karte mit Ankreuzkästchen!
Wenn ich im Leben eines begriffen habe, dann, dass ich mich für ein Gesamtpaket entscheiden muss. Mit all seinen schönen und weniger schönen Seiten. Die große Frage ist doch: Welches Gesamtpaket passt am besten zu mir und meinen Wünschen? Was ist mir wirklich wichtig und worauf kann ich letztlich doch verzichten?
Klar, wenn ich es mir aussuchen könnte, dann hätte ich neben meiner wunderbaren Familie einen tollen, wahnsinnig gut bezahlten Job und trotzdem genug Zeit für meine Lieben (und den Haushalt…). Mein Ehemann und ich hätten viel Zeit zu zweit und könnten nebenbei noch ganz locker unseren Hobbies frönen. Ich würde mindestens drei Mal im Jahr Urlaub machen (das obligatorische Wellnesswochenende mit meinen Freundinnen nicht eingerechnet), 5 Mal pro Woche Laufen gehen und natürlich jeden Abend ein tolles Dinner zaubern (oder serviert bekommen). Ich hätte morgens genug Zeit und Ruhe im Bad, um mich aufzubrezeln und meine schönen Klamotten würden tatsächlich den ganzen Tag sauber bleiben. Mein wunderbares Kind wäre willensstark und durchsetzungsfähig (2 wesentliche Voraussetzungen für das Kind, um einfacher durchs Leben zu kommen) und würde mir trotzdem immer gehorchen (2 wesentliche Voraussetzungen für mich, um einfacher durchs Leben zu kommen). Ja, wenn ich eine Karte zum Ankreuzen hätte, dann würde sie in etwa so aussehen.
Doch im realen Leben gibt es diese Karte leider nicht. Weder für mich noch für andere. Statt zu spielen „Wünsch dir was“, zerreißen wir uns zwischen Kind und Karriere, verzweifeln an der Work-Life-Balance, verlieren unsere Partner(innen) aus den Augen und kennen körperliche Ertüchtigung oftmals nur noch aus der Sportschau. Dem ewig währenden Modell aus den 50igern und einer sich gegenseitig überbieten wollenden patriarchalischen Leistungsgesellschaft sei Dank. Und darin reiben sich nicht nur Mütter und Väter auf. Nein, auch kinderlose Frauen und Männer leben hierzulande nicht nur auf der rosinengespickten Sonnenseite des Lebens. Denn auch sie müssen sich für ein Gesamtpaket entscheiden.
Sicher, es gibt Länder, in denen könnte man auf der Karte des Lebens so manche Kreuzchen gleichzeitig machen. Ich sage nur 30-Stunden Woche für beide Partner, und das, ohne auf dem Karriere-Abstellgleis zu landen. Und ich wäre wirklich froh, wenn hierzulande auch endlich mal eine tiefgreifende Veränderung in diese Richtung stattfinden würde. Aber ob und wann diese jemals kommen wird, steht in den Sternen. Und bis dahin möchte ich ehrlich gesagt nicht gen Norden auswandern. Denn Kälte und Dunkelheit sind so gar nichts für mich. Also heißt es hierbleiben bei meinem persönlichen Gesamtpaket in der kühlgemäßigten Klimazone.
Umso schöner, dass ich heute mal die Wahl zwischen allen Optionen hatte, von denen keine die andere ausschloss. Ich hätte quasi alle davon ausprobieren können, ohne mich auf ein bestimmtes Gesamtpaket festlegen zu müssen! Vermutlich hätte mir dann aber Magen irgendwann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn letzten Endes hat alles Konsequenzen, sogar eine kleine Frühstücks-Völlerei. Und wenn ich ehrlich bin – mein Gesamtpaket gefällt mir eigentlich ganz gut so wie es ist und ich würde es gegen kein anderes eintauschen wollen.
Denn immer, wenn ich nach einem langen Arbeitstag nach Hause komme und mir mein Zwerg freudestrahlend in die Arme läuft, als hätte er den ganzen Tag auf nichts Anderes gewartet und mir später noch mein Liebster die Füße auf der Couch massiert, dann weiß ich, dass ich das für mich richtige Gesamtpaket gewählt habe. Ja, die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dafür könnten deutlich besser sein, insbesondere für mich als berufstätige Mutter. Aber nichtsdestotrotz würde ich mich jederzeit wieder dafür entscheiden. 🙂
Hui, nach all diesen tiefgründigen Gedanken und Erkenntnissen brauchte ich dringend einen Energieschub! Glücklicherweise kam in diesem Moment auch schon unser Frühstück. Ein sehr leckeres Frühstück, um es kurz zu machen. Das Rührei konnte es zwar nicht mit dem von meinem Mann aufnehmen (glaubt mir, wenn ihr das probiert habt, wollt ihr nie wieder was anderes), aber es war trotzdem sehr gut. Auch am Rest hatte ich nichts auszusetzen. Zu bemängeln habe ich das leere Geschirr, welches leider ziemlich lange auf unserem Tisch herumstand und so die ein oder andere Fliege anlockte. Und auch ansonsten war die Bedienung nicht ganz so aufmerksam, wie ich das gerne gehabt hätte. In Summe trotzdem eine tolle Location zum Abschalten mit gutem Frühstück. Lediglich beim Service ist meiner Meinung nach noch Luft nach oben. Für unseren Mädels-Vormittag war es trotzdem die perfekte Location – womit wir wieder beim Thema „Gesamtpaket“ wären.
Egal, wie euer Gesamtpaket aussieht – genießt die schönen Seiten davon und stellt nicht alles in Frage, weil nicht alles perfekt ist. Folgender Spruch hat mir dabei schon oft geholfen: Man gebe mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
In diesem Sinne wünsche ich euch eine große Portion Gelassenheit, Mut und Weisheit, um die Herausforderungen des Alltags zu meistern! Und die ein oder andere Auszeit mit gutem Essen und lieben Menschen! Denn was wäre das Leben, wenn wir uns nicht doch ab und zu die Rosinen herauspickten?
Eure Marina
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